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  • AutorenbildJake Long

Was schaut ihr Nachwuchs auf YouTube - Kinderreime oder den Mord an Zeichentrickfiguren?

Mit dem Kind unterwegs, in der langen Warteschlange und der Nachwuchs fängt plötzlich an zu nörgeln. Nicht wenige Eltern drücken ihren Kindern dann das Tablet oder Smartphone in die Hand und lassen es Videos für Kinder auf YouTube schauen, um das Gemüt zu beruhigen. Wenn man aber dann auf Titel wie „Hitler VS Mickey Mouse Finger Family“ (gibt es tatsächlich) oder Videos stößt, in denen Kinderzeichentrickfiguren getötet oder sexualisiert werde, dann sollte die Kinderfreundlichkeit dieses Bereiches auf YouTube vielleicht hinterfragt werden.

Content gibt es dort reichlich, laut einer Statistik werden 500 Stunden an Videos pro Minute auf das Videoportal hochgeladen. Videos, dessen Zielgruppe Kinder sind, gibt es dementsprechend ebenfalls reichlich. Das ist kein Wunder, denn mit durchschnittlich 30 Millionen täglich aktiven Nutzer*innen und 2 Milliarden monatlich aktiven Nutzer*innen ist YouTube wohl mit Abstand das bedeutendste Videoportal weltweit. Dass dieses Potential zum kommerziellen Gewinn durch die Portalnutzung von Kindern ausgeschöpft wird, ist ebenfalls nicht verwunderlich.

Die Absurdität von Spielzeug-Demonstrations-Videos

Wie gesagt, gibt es eine ganze Community an Nutzer*innen, die sich auf das Erstellen von Inhalten für Kinder spezialisieren. Viele von diesen Videos scheinen für Erwachsene vielleicht zwar absurd, sind jedoch dennoch harmlos, auch wenn ein pädagogischer Wert fehlt. Videos in denen 10 Minuten lang beispielsweise Überraschungseier ausgepackt werden oder mit dem neuesten Spielzeug gespielt wird, während die Kinder vor dem Bildschirm dabei zuschauen, leisten zwar einen fraglichen Beitrag zur Entwicklung des Kindes, haben aber auch nicht unbedingt einen negativen Effekt auf diese.

Kanäle wie diese, laden Maßen an diesen simplen Videos mit regelrecht primitiven Animationen hoch und erhalten dafür Millionen an Aufrufen und Abonnements. Videos dieser Art erfreuen sich also großer Beliebtheit bei Kindern und es gibt Millionen an beinah identischen Videos, in denen die verschiedensten Elemente und Figuren, die den Kindern bekannt sind, miteinander kombiniert werden. Der Umsatz durch Monetarisierung und Werbeanzeigen, den die Kanalbetreibenden und YouTube damit erzielen ist enorm, der Einstieg in diese Community ist nicht unlukrativ.

Auch wenn die Videos zwar sinnlos, aber harmlos sind, könnten Kinder in dieser Zeit auch andere Inhalte konsumieren, die weitgehend förderlicher für die Entwicklung dieser sind.

Dopamin und Algorithmen

Die ständigen Schübe an Dopamin sind fester Bestandteil jeder Social Media-Plattform, kleine Mechanismen auf Apps wie Instagram, Facebook, TikTok oder auch anderen Apps, wie diversen Spiele-Apps und Tinder konditionieren uns auf die ständige Ausschüttung von Dopamin. Ein Glückshormon, das dafür sorgt, dass wir möglichst lange die Plattformen nutzen. Diese Prinzipien gelten natürlich auch auf YouTube und wirken genauso effektiv auf Kinder. Die ständigen Wiederholungen von Elementen und Trends und andere Mechanismen des UID sorgen dafür, dass der Nachwuchs genauso am Bildschirm klebt wie das Elternteil. „AutoPlay“ beispielsweise sorgt wenn nicht manuell ausgeschaltet, dafür, dass ständig Videos automatisch abgespielt werden. Der Aufwand, der mit dem Inhaltskonsum verbunden ist, wird durch Automatisierung möglichst minimiert und simpel gestaltet damit Kinder möglichst schnell lernen, mit der Plattform umzugehen, selbst wenn sie nicht mal lesen können.

Die Algorithmen die YouTube nutzt, um den Nutzer*innen Inhalte zu empfehlen, tragen ebenfalls dazu bei. Schon fast wie Tabloids stopfen Kanalbetreibende die Videotitel und -beschreibungen mit diversen und beliebten Keywords voll, die die Zielgruppe Kinder erreichen sollen. Der Algorithmus soll angesprochen werden, der wiederum diese Videos in den Vordergrund rückt. Die bizarre Kombination von Keywords führt auch zur Kombination dieser Inhalte in den Videos, welche immer absurder werden. Besonders sehr junge Nutzer*innen finden diese Inhalte nicht so absurd wie ältere und werden dadurch leichter zu Videos weitergeleitet, die zwar an Kinder gerichtet sind, aber andere Motive haben als Umsatz zu erzielen. So kann man nach einiger Zeit von bunten Zügen, die das Alphabet singen, zu Videos anlangen, in denen Spider-Man Elsa aus „Frozen“ schwängert oder Mickey Maus verprügelt wird. Äußerst für den 3-jährigen Max oder die 8-jährige Lotta geeignet, nicht? Die Kombination von verschiedensten Elementen, die Kindern bekannt sind, und das Zusammenspiel mit dem Empfehlungsalgorithmus kann also in einem dunklen Loch enden

Algorithmen mit Algorithmen bekämpfen

Auch YouTube ist sich dem Problem bewusst, dass vielleicht nicht alle Kinderinhalte so ganz kinderfreundlich sind, die durch den Algorithmus und Automatisierung gepusht werden. Um dem Problem entgegenzuwirken, wurde paradoxerweise an anderen Algorithmen gearbeitet, die den Content automatisiert und mithilfe von KI moderieren und besser regulieren soll. Moderierung der KI zu überlassen ist jedoch problematisch, da es nicht allzu lange dauern wird, bis fälschlicherweise z.B. die ersten LGBT-Inhalte oder anderes zensieren wird.

Manuelles Moderieren schafft Hoffnung

Vor einigen Jahren hat YouTube ein neues Angebot angekündigt, das mittlerweile bereits umgesetzt wurde, YouTube Kids. Eine eigene Plattform, die sich ausschließlich auf Kinderinhalte begrenzt und einen sicheren Konsum ermöglichen soll. Seit dem letzten Jahr wird dieser Ableger stark auf der Hauptplattform beworben und die Nutzerzahlen steigen, so hat die App im Google Play Store für Android-Geräte bereits über 100 Millionen Downloads. Die Moderierung der Inhalte Menschen zu überlassen scheint sicherer und zuverlässiger zu sein, als diese einem Algorithmus zu überlassen, aber für wen ist dies genau sicherer? Für die Kinder ist dies auf jeden Fall eine sichere Alternative zu der Hauptplattform und eine sinnvolle Entscheidung seitens von YouTube. Jedoch muss man bedenken, dass die Inhalte, die man nicht Kindern zugemutet hat, nun Erwachsene durchgehen und prüfen müssen, im Prozess der manuellen Regulation. Ob das Aussetzen der Mitarbeitenden verstörender Inhalte nicht einen negativen Einfluss auf das Wohl dieser haben könnte, ist nicht undenkbar.

Wenn man all dies betrachtet, hört sich das Internet nach einem unsicheren Ort für Kinder an. Dies kann der Fall sein, das heißt jedoch noch längst nicht, dass man dem Nachwuchs jeglicher Technologie und dem Internet entziehen soll. Wer im digitalen Zeitalter sich mit- und nicht zurückentwickeln möchte, muss dafür sorgen, dass auch der eigene Nachwuchs den richtigen Umgang mit Technologie lernt. Das Internet bietet ein unvergleichbares Potential, wie beispielsweise zur eigenen Weiterbildung durch einfache Informationsbeschaffung, und ist unermesslich für Kinder und ihre Entwicklung in dieser Zeit. Wer also sein Kind im Keller erzieht, ohne das Potential von Technologien zu vermitteln und zu nutzen, ist nicht viel besser als die Eltern damals, die Videospiele als negativen und gewaltfördernden Einfluss verteufelten. Anstatt hinterherzuhängen und dem Kind der Digitalisierung zu entziehen, sollte eigentlich sich damit beschäftigen, die Kinder aufzuklären und den bewussten und sicheren Umgang mit dem Internet und gegenwärtiger Technologie zu vermitteln.

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